Von Hasen- und Bauchtanz-Moral - all i need. Österreich
Von Hasen- und Bauchtanz-Moral Und von Nietzsche.
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Jetzt ist es zugegeben ein wenig zu heiß (und schwül), um sich an ein komplexes Thema wie der Frage nach der Moral heranzutasten. Ich wage es dennoch. Wenn auch, über eine untergeordnete Definition des Begriffs, der neben „faktischen Handlungsmustern, -konventionen, und -regeln bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen“ auch die „Bereitschaft, sich einzusetzen“, „Selbstvertrauen“ und die „Lehre, die aus etwas gezogen wird“ beschreibt. Alles Eigenschaften, die meiner Meinung nach, letztendlich die Voraussetzung dafür bilden, dass wir überhaupt „faktisch handeln“ können. Denn nur, wer sich voller Selbstvertrauen über die Jahre eine gefestigte, innere Haltung zulegt und dabei willens ist, diese immer wieder – vor allem im Hinblick auf das Allgemeinwohl – zu hinterfragen, ist in der Lage, moralische Entscheidungen zu treffen. Also solche, die gut und richtig, oder professioneller ausgedrückt, lehrreich, ethisch und korrekt sind.

Natürlich könnte man jetzt Friedrich Nietzsche zu Rate ziehen, der in seiner Genealogie der Moral bereits 1887 hinterfragt hat, warum Menschen glauben, auf bestimmte Weise handeln und (in der Folge) andere davon überzeugen zu müssen, es ihnen nach- und gleichzutun. Oder auch Immanuel Kant, der in seiner Kritik der praktischen Vernunft 1788 versucht hat, eine allgemeingültige Formel zur Herleitung moralischer Gesetze mittels Logik und Vernunft aufzustellen. (Und beides schadet der Allgemeinbildung ganz bestimmt nicht.)

Man könnte aber auch einfach bei der eigenen Moral anfangen und sich fragen, was man selbst zur Verbesserung des zwischenmenschlichen Verhaltens beitragen kann. Und weil ich, ehrlich gesagt, des Öfteren nicht weiß, wie ich mich in bestimmten Situationen „richtig“ verhalten soll, ob ich dann selbstbestimmt handle oder lediglich so, wie es von mir erwartet wird, habe ich mich in den letzten zwei Wochen im „faktischen Handeln“ geübt, Bereitschaft gezeigt, Neues auszuprobieren und Altes zu hinterfragen, meinen Horizont erweitert und, siehe da, dazugelernt. Das geht am besten, wenn man sich in Situationen begibt, die einem fremd sind. So bin ich – trotz Abneigung gegen Ausdruckstanz und Oriental-Pop – jüngst in einer Bauchtanzgruppe gelandet. Trotz fehlendem Haustier-Gen zur Hasenmama mutiert. Trotz Voreingenommenheit gegenüber leidenschaftlichen Sammlern in ein erfrischend-skurriles Museums-Universum eingetaucht. Und nunmehr in zwei verschiedenen Haus-Sitting-Settings einquartiert, obwohl ich eigentlich viel lieber in meinem Arbeitszimmer schreibe.

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Seither schwinge ich, mit verschämter Begeisterung, meine Klingelglöckchen-Klimper-Hüften zu Tarkans Bussi-Bussi, unterhalte mich wissbegierig mit meinen Mittänzerinnen aus Bosnien, Bulgarien, Somalia und dem Wiener Gemeindebau über das Leben in Flüchtlings-WGs, Heimatgefühle, Vorurteile und Wissenslücken, kommuniziere mit Hasen und versuche sie mit Karotten, Salat und einem sauberen Stall bestmöglich bei Laune zu halten, gewinne tatsächliche dem Enthusiasmus von Museumsdirektor Alexander Pekarek und seinen Lausexkrementen, schillernden Giften und mystischen Pulvern etwas ab und residiere vorübergehend in neuen Zimmern und Gärten.

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Was das alles mit Moral zu tun hat? Ich spüre plötzlich, wie bereichernd, vielfältig und gleichberechtigt das Dasein ist und vor allem sein kann. Ich möchte plötzlich ganz viel wissen und erfahren, weil Ablehnung ganz oft mit Nichtwissen zu tun hat. Ich möchte mich nicht länger lächerlich machen über fremde Sammelsurien, weil letztendlich alles für Bereicherung sorgt. Ein paar meiner Vorurteile haben sich wie von Zauberhand in Luft aufgelöst. Und ich will plötzlich ganz von selbst ein guter Mensch sein und ein noch besserer werden.

So ist das nämlich mit der Moral – sie kann auch Spaß machen und ganz ohne erhobenen Zeigefinger auskommen. Ich bin Daniela Emminger und jetzt auch schon am Ende meiner kleinen Moralpredigt. Was macht Dich zu einem besseren Menschen? Der schönste Beitrag (in Wort und/oder Bild) wird mit einem MP3-Download-„Bussi“ von Tarkan Simarik belohnt. Dazulernen ist all i (we) need.

daniela.emminger@allineed.at

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